ACHTUNG: Satire!
Softwaretest X-Cog Junior V. 1.0
Lieben Sie Zeitreisen in die
Vergangenheit? Interessieren Sie sich für alte Computerprogramme aus dem
letzten Jahrhundert? Haben Sie die kostenlose CD mit den netten Atari-Spielen aus
den Kellogg´s Frosties verpasst? Dann haben wir hier das Richtige für Sie!
Das Programm X-Cog Junior der
Firma Dr. Trapp & Partner tritt an, um die Erinnerung an alte DOS-Fenster,
Programmfehler, Pixelgrafiken und sonstige Reliquien der Computerfreaks am
Leben zu halten. Vergessen Sie Dreidimensionalität, attraktive auffordernde
Spielinhalte und alles, was inzwischen bei Computerspielen Standard ist. X-Cog
bietet Ihnen eine völlig unverständliche und Kindern nicht vermittelbare
Konstruktion einer Geschichte. Man vermeidet damit natürlich, daß jemand den
Eindruck bekommt, hier würden Kinder auf irgendwelche Ziele schießen. Aber wenn
ein BOB (kein Druckfehler!) politisch korrekt mit einer Kometenharke einen
Hydrokometen zerstößt, um mit dem austretenden Wasser die Arsikpflanzen zu
bewässern, sieht es verdammt nach dem Abschießen einer Kugel aus. Hauptsächlich
geht es jedenfalls darum, großbusige Prinzessinnen zu ihren Liebhabern zu
bringen und dafür Trylls zu erreichen, ohne Bracks zu berühren. Punkte und Minuspunkte
und Kronen gibt es auch noch. Alles klar? Dann kann´s ja losgehen!
Wenn man die erste
Fehlermeldung der Installation “Das Objekt Dr. wurde verschoben. Soll die
Verknüpfung gelöscht werden?” umschifft hat und tatsächlich das Programm
starten kann, hat man leider die schon verdienten ersten Punkte noch nicht
bekommen. Für das Verstehen einer außergewöhnlichen Spielbedienung über
Schieberegler bekommt man leider auch keine Punkte. Erst wenn man nach Eingabe
eines Codes (programmiertechnischer Leckerbissen!) sich angemeldet hat, öffnet
sich ein DOS-Fenster, wo dann das eigentliche Spiel beginnt. Das geschieht
sogar noch mit flimmernden 60 Hz. Bildfrequenz, weswegen Epilepsiekranke nun
leider nicht mehr mitspielen dürfen. Kinder, die etwa die hervorragenden
Spieleerklärungen und Hilfsangebote bei Pettersson und Findus gewöhnt sind,
müssen hier mit dem härtesten aller Gegner kämpfen - einem sich nicht
erklärenden Spiel. Dabei macht es nichts, daß man die Hintergrundmusik nicht
abschalten kann, es wäre auch nur schade um die schöne Musik.
Der Psychologe, Therapeut
oder Lehrer bekommt hinterher eine Auswertung, bei der alle Spielinhalte genau
aufgelistet werden und ein guter Vergleich über einen längeren Zeitraum möglich
ist. Das ist wohl der neuropsychologische Aspekt des Spiels, aber die in der
Statistik bunt dargestellten Verläufe beziehen sich auf die unlogischen und
realitätsfremden Spielinhalte und sind daher im Sinne einer ganzheitlichen
Betrachtung des Kindes nicht aussagekräftig. Die Daten von entlassenen
Patienten lassen sich nicht mehr löschen, sie bleiben als nette Erinnerung ewig
im Rechner. Auch die Deinstallation von X-Cog ist nicht einfach und verläuft
natürlich fehlerhaft und unvollständig, aber bei 55 Euro für das Spiel kann man
diese programmiertechnische Konsequenz auch erwarten.
Wir haben jedenfalls mit
allen Testpersonen viel Spaß gehabt und freuen uns schon auf die angekündigten
nächsten Spiele aus dem Hause Dr. Trapp & Partner! Patienten, die solche
Programme meistern, sind wirklich auf dem Wege der Besserung!
Arvid R. Spiekermann
2.1.2003