Werftpark-Theater Kiel
1997 bekam er den Nobelpreis für Literatur. Er
gilt als einer der talentiertesten Politclowns Europas: Dario Fo.
Er ist der Vertreter des italienischen Volkstheater, er folgt der Tradition der
mittelalterlichen Spielleute und
Possenreißer und der Commdia dell’arte.
Fo ist ein Theateranarchist. Er liebt die tragischen Verwicklungen seiner
Figuren.
Sein Spektakel Isabella, drei Karavellen und ein
Scharlatan ist ein Stück im Stück.
Ein verurteilter
Schauspieler steht im Spanien des 16. Jahrhunderts auf dem Richtplatz der
Inquisition
und soll um sein Leben
spielen. Zusammen mit seiner Theatertruppe zeigt er die Geschichte
des berühmten
Seefahrers Christoph Columbus, der die kastilische Königin Isabella mit einer
List
überzeugt, ihm seine
Entdeckungsfahrten zu finanzieren. Da sich seine Entdeckung der neuen Welt
jedoch als nicht so
profitabel herausstellt, wie erhofft, wendet sich sein Glück. Das Stück im
Stück
hat die Wirklichkeit
eingeholt.
Der Schauspieler wird
hingerichtet.
Regie
- Uwe Schwarz
Musik
- Thomas Wolter
Isabella / Johanna - Anne Clausen
Ferdinand
- Matisek Brockhues
Verurteilter
/ Columbus - Jeffrey von Laun
Pater
Galero / Fonseca / Zimmermann / Seemann - Matthias Jaschik
Gelehrter
/ Richter / Zimmermann / Seemann - Vivian Frey
Magd
/ Gelehrter / Pinzon - Gesa Boysen
Henker
/ Soldat / Seemann / Gerichtsdiener - Thomas Bosch
Schauspieler
/ Zuschauer - Stephan Waak
Narr / Herold - Tom Keller
Die Band
Indira Chuda – Bass, Posaune
Tom Keller - Akkordeon
Laura Martin – Saxophon, Flöte
Arvid
Spiekermann - Trommeln
Die
nächsten Aufführungen:
So, 27.4.07 18:00 Uhr
Fr, 9.5.08 20:00 Uhr
Sa, 31.5.08 20:00 Uhr
Mi, 4.6.08 20:00 Uhr
So, 8.6.08 20:00 Uhr
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Vorankündigung:
vom 13.3.2008
Spektakel um Gier und Macht
|
Ein verurteilter Schauspieler (Jeffrey von Laun,
links) spielt auf dem Schafott den Seefahrer Christoph Columbus und damit um sein
Leben. Uwe Schwarz (kleines Bild) führt Regie. Foto Schaller |
Kiel – „Dario Fos Stück über Columbus passt wunderbar in unsere Mythenreihe, außerdem habe ich dieses doppelbödige Volkstheaterspektakel schon seit Jahren auf dem Schirm“, sagt Norbert Aust, Leiter des Theaters im Werftpark, über die anstehende Premiere von „Isabella, drei Karavellen und ein Scharlatan“ am morgigen Freitag an seinem Haus.
1963 feierte das satirische Werk des italienischen Theater-Anarchisten und Literatur-Nobelpreisträgers Dario Fo in Mailand Uraufführung. Die deutsche Erstaufführung war 1979 in Kiel. Jetzt ist die pointenreiche Geschichte um den Seefahrer und seine Händel mit der machtlüsternen spanischen Königin Isabella und ihrem kriegstreiberischen Mann Ferdinand zurückgekehrt an die Kieler Förde.
Das Ganze ist ein Spiel im Spiel: Ein Schauspieler steht auf dem Schafott der spanischen Inquisition. Doch um dem Todgeweihten zu beweisen, dass es trotz seiner Verurteilung keine Zensur gibt, soll er vor der Hinrichtung noch einmal eine Vorstellung geben – ausgerechnet ein Stück über Christoph Columbus, der schlitzohrig den Königshof dazu brachte, seine Entdeckungsreisen zu finanzieren. Als Columbus wider Erwarten die chronisch klammen Kassen seiner Dienstherren mit seinen Eroberungen nicht füllen konnte, machte man ihm den Prozess, genau wie dem Theatergaukler – und der Kreis schließt sich.
Uwe Schwarz, der am Werftparktheater zuletzt Ödon von Horváths Kasimir und Karoline ausdrucksmächtig auf die Bühne stellte und am Kieler Opernhaus 2007 erfolgreich den Tannhäuser inszenierte, hat sich die rasante Farce von Fo vorgenommen: „Natürlich habe ich vieles darin umgeschrieben. Zunächst mal, um die Figuren für das Werftpark-Ensemble passend zu machen, und weil ich glaube, dass Dario Fo sein Stück heute auch anders gestalten würde. Ab und zu schaffen wir auch kleine Zeitbezüge zur Gegenwart. Trotzdem ist der Kern der Geschichte gleich geblieben.“ Themen wie Machtgier und Korruption würden darin verhandelt, so der Regisseur: „Auch die Tatsache, dass jemand wie Columbus vorgeschickt wird, und man ihn, sobald er nicht mehr ins Staatsgefüge passt, einfach fallen lässt, ist immer noch hochaktuell.“
Besonders angetan zeigt sich Schwarz auch von Fos Ausgangspunkt eines Jahrmarktstheaters: „Wir haben passend dazu als Bühnenausstattung ein einfaches Bretterpodest gewählt, wie im spanischen oder italienischen Volkstheater. Man kann darauf mit wenigen Mitteln ganz viel zaubern.“
Beteiligt an der Produktion
ist das gesamte Ensemble des Werftparks, plus einige Gastschauspieler und
Musiker an Kontrabass, Schlagzeug, Akkordeon, Saxofon und Laute. „Die Musik hat
keinen illustrativen Zweck, sondern sie treibt vor allem die Handlung voran“,
beschreibt es Thomas Wolter, der sie komponierte, „das klingt mal nach einer
Prozession, mal wie ein Walzer, man kann sie nicht einfach in eine Schublade
stecken, aber sie hat – genau wie das ganze Stück – immer auch etwas Leichtes,
Komödiantisches.“ Ein Aspekt, der auch Uwe Schwarz bei aller Relevanz der
aufgegriffenen Themen außerordentlich wichtig ist: „Das ist ja fast schon ein
alter Hut, aber es stimmt eben: Humor, Lachen und Komödie verbinden sich auf
kongeniale Weise mit dem Begreifen. Bei Dario Fo wird immer Herz und Hirn
gleichermaßen angesprochen.“
Von Beate Jänicke
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Bericht
über die Premiere:
vom
17.3.2008
Ein Verurteilter (Jeffrey von Laun, links) spielt dem dummdreisten König Ferdinand (Matisek Brockhues) die Geschichte vom Entdecker Columbus vor. Foto Schaller |
Kiel – Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen –
nein „Faust“ wird hier nicht gegeben, aber im Kieler Theater im Werftpark hat Regisseur
Uwe Schwarz ein praktikables Spielgerüst aufbauen lassen, auf dem sich
trefflich der ganze Kreis der Schöpfung ausschreiten lässt. „Isabella, drei
Karavellen und ein Scharlatan“ von Dario Fo geht als doppelbödiges,
vollsaftiges Volksstück über die Bühne, als Jahrmarktsfest mit Musik und
Schabernack.
Da spielt einer um sein Leben. Von scharfen Schergen
wird er zum Schafott geführt, soll wegen Ketzerei geköpft, gehenkt, gebraten
und vielleicht auch gespießt werden. Aber nun erhält er Aufschub unter der
Bedingung, dass er dem Volk die Geschichte vom Entdecker Columbus vorspielt.
Was soll er tun? Eilig ruft er eine Truppe zusammen und riskiert ein Spiel um
Kopf und Kragen. Mit den schönsten Einfällen der Theaterkunst stellt er die
Bilder und Begebenheiten der Historie nach, seinen Kampf um die drei Karavellen
und den Prozess, der ihm nach der Entdeckung Amerikas gemacht wird. Er lässt
die Königin Isabella aufmarschieren, ihren maroden Mann Ferdinand, die
wahnumflorte Tochter Johanna, den Bischof Fonseca, Gelehrte, Soldaten, Seeleute
und Bedienstete. Und natürlich zeigt er auch, wie Intrige und Korruption,
Geltungssucht und Geldgier den Bau der Macht aushöhlte.
Fast ein halbes Jahrhundert hat das Stück schon auf dem Buckel, aber Dario Fo, der Theaterrevoluzzer, hatte schon 1963 seine Lieblingsfeinde gefunden: Könige, Kirchenfürsten Kriegstreiber. Gegen die zieht er mit Hohn und Herzenslust zu Felde, legt ihre Machenschaften und Macken bloß, demaskiert sie und deformiert sie, bis sie jeder Beschreibung spotten. Seit jeher dienen ihm Übertreibung und Provokation bei der Wahrheitsfindung.
Dario Fo also hat's gegeben, Uwe Schwarz nimmt es
dankbar auf, strafft und ordnet die Handlung. Aus seinem Kopf sprudeln die
Einfälle nur so auf die Bühne. Dort hat Ausstatterin Dagmar Boden eine Szenerie
vorbereitet, die einen schnellen Wechsel der Schauplätze und ein wunderbar
doppelbödiges Spiel ermöglicht.
Und Uwe Schwarz jongliert gelenkig mit all den zu
Gebote stehenden Mitteln eines Theaterspektakels, als da wären Vorhänge und
Lichteffekte, Stangen und Stiegen, Aufmärsche und Videoprojektionen und die von
Thomas Wolter fachgerecht komponierte Musik, gespielt von einer kleinen Band
mit Tom Keller als moritatenkundigem Narren an der Spitze. Und nur manchmal
schleppt das Spiel etwas an der Überlast seiner Ideen.
Die Schauspieler des Werftpark-Theaters laben sich
an den reichen Portionen des Futters. Matisek Brockhues stellt den dummdreisten
Ferdinand scharfkantig auf die Bühne, Anne Clausen windet sich wonnevoll in den
Leibern von Isabella und Johanna, und Jeffrey von Laun spielt sich die Seele
aus dem Leib, als könne er den Hals des Columbus retten; er erinnert
nachdrücklich daran, dass diese Figur noch Verwandte bei der Commedia dell'arte
hat. Die übrigen Akteure – Gesa Boysen, Matthias Jaschik, Vivian Frey, Thomas
Bosch und Stephan Waak – hüpfen leichtfüßig durch mehrere Rollen, wie es sich
eben in einem Theaterspektakel gehört.
Das wurde am Ende mit herzlichem Applaus gefeiert!
Von Christoph Munk
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